Recruiting und Employer Branding – Kommunikation auf mehreren Dimensionen
Employer Branding x Recruiting – Mehrdimensionalität in der Kommunikation
Kommunikation auf mehreren Kanälen und Ebenen macht eine Arbeitgebermarke einfach spannender. Dies gilt automatisch auch für Recruiting und Employer Branding. Was das konkret bedeutet und wie sich Kommunikation mehrdimensional umsetzen lässt, verrät Euch Sven Schnitzler von Doppel[t]spitze in diesem Gastbeitrag.
Die Mehrdimensionalität der Kommunikation muss sich im Recruitingprozess widerspiegeln.
Was sich so einfach anhört ist ein komplexer, aber wirksamer Schlüssel gegen Fachkräftemangel und für eine neue Sichtbarkeit von KMU (Kleine und mittlere Unternehmen). Was für das Produktmarketing selbstverständlich ist, wird im Arbeitgebermarketing noch sträflich vernachlässigt.
Warum aber brauchen wir eigentlich eine Employer Brand und das passende Employer Branding, warum Kommunikation und Interaktion? Wann hat es aufgehört, dass die Stellenanzeige – Print oder online – ausreicht? Die Antwort: seitdem Kommunikation so komplex geworden ist.
Wir können nicht nicht kommunizieren, aber wir können schlecht kommunizieren.
Analoge (eindimensionale) Kommunikation wird nicht länger als ausreichend empfunden. Vielmehr wird eine größere Vielfalt an Kommunikationsmöglichkeiten mit einer höheren Glaubwürdigkeit des Unternehmens verbunden. Die Kommunikation der Employer Brand über diverse Medien ist folglich Voraussetzung sowohl für die Sichtbarkeit eines Unternehmens wie auch für das Vertrauen in dessen Arbeitgebermarke.
Während das Wissen um die Bedeutung neuer, crossmedialer Kommunikation im Recruiting auf Arbeitergeberseite durchaus vorhanden ist, stellt sich die operative Umsetzung in der Praxis insbesondere in KMU deutlich anders dar. So verfügen zwar 72% der (deutschen) KMU über einen eigenen Internetauftritt, 95% der Webseiten haben aber Optimierungspotenzial. Hierzu zählen beispielsweise eine Optimierung für Tablet und Mobiltelefon, eine Integration von Social Media sowie die Aktualität der Inhalte.
Arbeitgeberattraktivität – Konzern versus KMU
KMU, die ihre Karrierewebseite und den damit zusammenhängenden Austauschprozess mit Bewerbern als Instrument der Vereinfachung und Sichtbarkeit ihrer Employer Brand nutzen, haben Vorteile im Wettbewerb um Nachwuchskräfte. Dabei ist die Entwicklung der Employer Value Proposition (EVP) als Teil der Employer Brand zunächst ein Prozess, der Klarheit über die Arbeitgebermarke innerhalb der Organisation schafft, und diese in einem zweiten Schritt dann in den Vermarktungsprozess gegenüber der Zielgruppe transferiert. Die veränderten Kommunikationsmöglichkeiten und sich daraus ergebenden Verhalten manifestieren sich in den Generationen Z und Y.
Während Konzerne und Großunternehmen ihre Sichtbarkeit als attraktiver Arbeitgeber durch entsprechende Kampagnen unterstreichen, von ihrer Produktmarke profitieren und die Organisationsstruktur mit zusätzlichen Positionen und Budgets für diesen veränderten Prozess aufstellen können, sind KMU hier Grenzen aufgrund von Größe und Bekanntheit gesetzt.
Kriterien für eine Recruitingstrategie müssen folglich so formuliert sein, dass sie KMU gleichzeitig Leitlinie und Flexibilität bieten. Auch wenn mittelfristig personelle und finanzielle Investitionen in Personalkommunikation und Employer Branding als Schnittstellenfunktion eines Unternehmens getätigt werden müssen, sollten kurzfristige Handlungsempfehlungen niedrigschwellig und operabel sein.
Sowohl Studien wie auch Karrierewebseiten und Experteninterviews (vgl. Buchhinweis am Ende des Artikels) zeichnen hier ein weitgehend einheitliches Bild: erste Schritte auf dem Weg sind unternommen, aber es bleibt noch Entwicklungsspielraum. Anhand der Analysekriterien, die in die Fähigkeitslevels und das abschließende Reifegradmodell münden, können KMU eine individuelle Online Recruitingstrategie planen. Abhängig vom Zeit- und Ressourceneinsatz, aber auch von der Unternehmensgröße, der Branche und den Ausbildungsniveaus können die Kriterien sukzessive in Projektabschnitte eingeteilt werden. Fehlende Budgets und Positionen im HRM können durch Flexibilität, flache Hierarchien und Nischenvorteile kompensiert werden. Dabei lassen sich Praxisbeispiele gut strukturierter und den Kriterien entsprechender Webseiten von KMU als Benchmark heranziehen.
Reifegrade im Recruiting
Kritisch diskutiert werden Ursache und Auswirkung des Fachkräftemangels in Deutschland. Hier stehen sich externe (politische) Bemühungen und interne Maßnahmen aktuell oft diametral gegenüber. Während einerseits auf die Einwanderung von Fachkräften auch über die Grenzen der EU hinaus gesetzt wird, sehen Kritiker dieser einseitigen und aus Unternehmersicht passiven Bemühungen („Was unternimmt die Bundesregierung gegen den Fachkräftemangel?“) die Möglichkeiten, was innerhalb der Organisationen bewegt werden kann, als noch nicht ausreichend genutzt und ausgeschöpft an. Vielmehr seien die KMU in ihrer Wartehaltung das Problem – nicht ein Mangel an Arbeitskräften.
Vor dem Hintergrund der Frage, ob Fachkräfte zukünftig verstärkt international rekrutiert werden müssen, bekommt der Aspekt der Komplexitätsreduktion von Kommunikationsprozessen durch Tools noch einmal eine neue Bedeutung.
Transparente Online Bewerbungsprozesse mit einer eindeutigen Candidate Journey lassen sich durch Bild und Bildsprache auch einfacher auf ausländische Bewerbergruppen übertragen. Wenn die EVP definiert und im Unternehmen bekannt ist, reduzieren sich die Übersetzung des Bewerbungsprozesses und der Karrierewebseite auf den „technischen“ Vorgang. Der Schritt von der interpersonalen zur internationalen Kommunikation wird so erheblich vereinfacht. KMU sollten dies in ihren aktuellen Anstrengungen berücksichtigen, um auch in Bezug auf grenzübergreifende Personalbeschaffung „reif“ zu sein.
Mehr Infos zum Thema und alle Hintergründe zum Reifegradmodell findet Ihr auch im Buch “Online-Kommunikation im Recruiting für KMU”
Über unseren Gastautor
Sven Schnitzler | Gründer Doppel[t]spitze
Sven Schnitzler leitet im Jobsharing den Vertrieb & das strategische Marketing sowie die Business School der Europäischen Fachhochschule. Daneben ist er Gründer der Content & Social Media Beratung Doppel[t]spitze. Menschen folgen Menschen – nach dieser Maxime steht für ihn Kommunikation im Mittelpunkt aller Marketingaktivitäten vom Personal über das Employer Branding bis hin zum Corporate Influencing.