Candidate Experience
Wie Bewerber:innen den Recrutingprozess erleben, gewinnt im digitalen Zeitalter immer mehr an Bedeutung. Sie teilen ihre Erfahrungen – positive als auch negative – nicht nur häufig mit Freunden oder Familie. Inzwischen passiert das auch ganz öffentlich – in Karrierenetzwerken, auf Social Media oder Arbeitgeberbewertungs-Plattformen. Grund genug, Bewerber:innen eine erstklassige Candidate Experience zu bieten. Dabei sollte es ganz egal sein, ob am Ende der Arbeitsvertrag unterschrieben wird oder ein Absage erfolgt! Doch was meint Candidate Experience genau? Auf was kommt es wirklich an und wie kann man seinen Bewerbungsprozess mit einer gelungenen Candidate Experience verbessern?
Inhaltsverzeichnis
1. Was bedeutet Candidate Experience?
2. Gründe für eine positive Candidate Experience
3. Candidate Experience verbessern
4. Checkliste für Recruiter:innen
Was ist mit Candidate Experience gemeint?
Nimmt man die Sicht von Bewerber:innen ein, gleicht das Bewerbungsverfahren einer Reise (= Candidate Journey). Diese Reise beginnt mit dem ersten Kontakt zum Unternehmen – meist das Stellenangebot. Sie endet mit einer Absage oder der Einstellung und dem anschließenden Onboarding. Unter dem Begriff »Candidate Experience« werden sämtliche Eindrücke zusammengefasst, die Bewerber:innen auf ihrer Kandidatenreise mit dem jeweiligen Unternehmen sammeln.
Solche Eindrücke können gut oder schlecht sein. Der Begriff Candidate Experience ist also nicht automatisch positiv belegt – im Gegenteil. Es existieren genügend Negativbeispiele. Das reicht von Jobinseraten ohne Aussagekraft, mangelndem Feedback, absurden oder gar verbotenen Fragen im Jobinterview bis hin zu respektlosem Verhalten von Personalverantwortlichen.
Candidate Experience Definition
Candidate Experience ist die Summe von Erfahrungen und Wahrnehmungen, die Bewerber:innen während des Recruitingprozesses mit dem jeweiligen Unternehmen sammelt. Beginnend mit der Jobsuche, dem Bewerbungsprozess, verschiedenen Interviews, weiteren Kontaktpunkten, Probearbeit bis hin zum Onboarding.
Warum ist eine positive Candidate Experience wichtig?
Ein eher nachlässiger Umgang mit Bewerbungen und potenziellen Mitarbeiter:innen ist sicherlich meist keine böse Absicht. Stattdessen scheint oft das Recruiting festgefahren und die Prozesse nicht up to date. Aber die Einstellung »Das haben wir schon immer so gehandhabt« kann für ein Unternehmen in Zeiten von allgegenwärtigem Fachkräftemangel weitreichende Folgen haben.
Kandidat:innen, die schlechte Erfahrungen bei einem Unternehmen hatten, teilen diese häufiger über Social Media und Arbeitgeberbewertungsportale als positive Erlebnisse. Das schreckt andere Bewerber:innen ab und schadet dem gesamten Unternehmensimage. Hinzu kommt, dass die Candidate Experience auch die Entscheidung für oder gegen ein Jobangebot beeinflusst. Wenn schon der Bewerbungsprozess ungünstig läuft, wie sieht dann erst der reale Arbeitsalltag aus?
Ines Eydner, Teamleiterin Recruiting Searchtalent
»Die Candidate Experience ist essenziell im Bewerbungsprozess. Kandidat:innen entscheiden während des Bewerbungsprozesses, welchen ersten Eindruck sie von der Firma haben und ob sie sich aufgrund dessen eine Zusammenarbeit vorstellen können. Nicht zu unterschätzen ist, dass wir heute einen Arbeitnehmermarkt haben und wir als Recruiter:innen und HR-Verantwortliche uns um neue Mitarbeiter:innen bemühen müssen und nicht umgekehrt.«
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Wie kann man die Candidate Experience verbessern?
Ein gelungener Bewerbungsprozess hingegen bringt viele Vorteile und stärkt das eigene Image. Es gibt also gute Gründe, weshalb man sein Recruiting hinterfragen und die Candidate Experience optimieren sollte. Aber worauf kommt es dabei überhaupt an? Allem voran steht die Erkenntnis, dass Bewerber:innen keine Bittsteller:innen sind und dementsprechend respektvoll und mit Wertschätzung behandelt werden sollten. Und zwar in jeder Phase des Bewerbungsverfahrens und an jedem Kontaktpunkt zum Unternehmen. Auf der anderen Seite steht die Verbesserung des Verfahrens selbst und dessen technischer Voraussetzungen. Das umfasst:
Candidate Experience optimieren
- die Gestaltung aussagekräftiger Stellenanzeigen
- eine ansprechende, zielgruppengerechte Karriereseite
- einen einfachen Zugang zur Bewerbung
- den Verzicht auf zuviel bürokratisches Drumherum
- kurze Reaktionszeiten und Feedback zu allen Zwischenschritten
- strukturierte Jobinterviews mit angenehmer Atmosphäre
- authentische Einblicke ins eigene Unternehmen
- bei Absagen keine Standardfloskeln zu benutzen
Nicht zuletzt sollte man Bewerber:innen ihrerseits um Feedback bitten. Das dient zum einen dazu, eigene Schwächen beim Recruiting zu erkennen und so die Candidate Experience stetig zu verbessern. Ganz nebenbei helfen positive Bewertungen im Netz dem Employer Branding. Wer die Bewerber:innen im Fokus hat, wird auch schneller erkennen, ob es passt oder nicht.
Candidate Experience verbessern – Checkliste
Erster Eindruck – Die Stellenanzeige
- Jobtitel klar formulieren! Ist die Bezeichnung der Position unklar, springen bereits hier die ersten Kandidat:innen ab. Der Jobtitel sollte dem entsprechen, wonach Bewerber:innen auch wirklich suchen. Er muss exakt zur Stellenbeschreibung passen und auf Anhieb Interesse wecken.
- Ausreichende Informationen im Stellenangebot bieten! Dazu gehört ein konkret formuliertes Anforderungsprofil, ein authentischer Überblick zur Vakanz und eine optisch ansprechende Gestaltung. Zudem sollte die Unternehmenskultur vorgestellt und auf Benefits eingegangen werden. Immer mehr Bewerber:innen begrüßen außerdem Angaben zum Gehalt.
Die Bewerbung – Zeit zum Überdenken
- Die eigentliche Bewerbung sollte so einfach wie möglich eingereicht werden können. Ein aufwendiges und kompliziertes Prozedere wirkt abschreckend. Ellenlange Formulare und umständlicher Dateien-Upload sind echte Motivationskiller. Bewerber:innen bevorzugen dabei die Bewerbung per E-Mail oder Smartphone. Aber auch die One-Klick-Bewerbung liegt voll im Trend.
- Eine umgehende Eingangsbestätigung mit Angaben zu Ablauf und Dauer des Verfahrens sollte nicht fehlen. Regelmäßige Rückmeldungen über den Fortschritt des Bewerbungsprozesses zeugen von Wertschätzung und Interesse. Wichtig ist vor allem Schnelligkeit. Denn je mehr Zeit vergeht, desto höher sind die Absprungraten.
Stimmt die Chemie? – Das Jobinterview
- Ein persönliches Gespräch ist für beide Seiten entscheidend. Es bietet Raum, sich näher kennenzulernen sowie den ersten echten Einblick ins Unternehmen und den Arbeitsalltag zu gewähren. Hier können offene Fragen und der Cultural Fit geklärt werden. Grundsätzlich sollte das Interview in einer angenehmen, offenen Atmosphäre und auf Augenhöhe stattfinden. Weder dient das Vorstellungsgespräch dazu, Bewerber:innen den Lebenslauf herunterbeten zu lassen oder sie ins Kreuzverhör zu nehmen.
Zu- oder Absage? – Die Entscheidung
- Respektvolle Absagen! Nicht jede/r Bewerber:in kann einstellt werden. Deshalb gehört das Formulieren von Absagen auch zum Alltag von Recruiter:innen. Auf keinen Fall darf das Absageschreiben oder der entsprechende Anruf einfach unter den Tisch fallen. Aber statt mit nichtssagenden Standardformulierungen zu arbeiten, sollte man die Absage nachvollziehbar begründen. Das ist für Bewerber:innen wertvolles Feedback und sie nehmen eine positive Erinnerung mit, auch wenn es nicht geklappt hat.
- Für den Fall der Zusage gilt, den Neueinstieg optimal vorzubereiten. Besonders zu Beginn benötigt ein neues Teammitglied viele Informationen und Orientierung. Es sollte feste Ansprechpartner:innen geben, die stets für Fragen zur Verfügung stehen und bei der Einarbeitung helfen. Regelmäßige Feedbackgespräche runden eine positive Candidate Experience ab.
Wer eine gute Grundlage für die perfekte Candidate Experience legen möchte, sollte eine kontinuierliche und respektvolle Kommunikation mit Bewerber:innen pflegen – vom Erstkontakt bis zur finalen Entscheidung – und die darauf optimierten Prozesse bieten. Der Einstieg in eine positive Kandidatenreise lässt sich beispielsweise mittels Inbound Recruiting fördern. Im Fokus stehen immer die Bewerber:innen. Sie sollten als das betrachtet werden, was sie sind: eine potenzielle Bereicherung für das eigene Unternehmen.