Ist dieses Szenario nun Diskriminierung oder nicht? Rechtlich gesehen nicht unbedingt, da Simone nicht benachteiligt wurde. Trotzdem ist eine ungleiche Behandlung aufgrund des Geschlechts nicht ausgeschlossen.
Der Hauptgrund der beschriebenen Situation findet sich auch heute noch im traditionellen Rollenverständnis. Die Welt ist voll von Medien, die Rollenbilder verstärken und der Akzeptanz für “Neues” entgegenwirken, hauptsächlich durch das Bedienen geschlechtsspezifischer Stereotype. Die Vorbehalte gegen die Erwerbstätigkeit der Frau hat einen langen geschichtlichen Hintergrund. Eine Veränderung setzt sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch und hält bis heute an. Dazu einige bedeutsame Fakten.
Noch heute verhindern Geschlechterstereotype eine objektive Auswahl und spielen bei der Einstellung und Beförderung meist unterbewusst eine Rolle. In einer Studie des Wissenschaftszentrums in Berlin, wurden Personalern aus 126 Ausbildungsberufen fiktive Lebensläufe vorgelegt. Selbst bei gleichen Angaben, wurden Frauen in vermeintlich männlichen Branchen eine wesentlich schlechtere Bewertung gegeben, die im Schnitt einer ganzen Schulnote entsprechen. In klassischen “Frauenberufen” wurden Männer hingegen fair bewertet. Es sollte nicht das Ziel sein, Frau und Mann in ihren Interessen gleich zu stellen, sehr wohl aber das statische System der klassischen Rollenverteilung aufzubrechen und umzudenken.
An dieser Stelle möchte ich sehr gerne Frau Weitekamp zitieren, die in einem Beitrag der t3n die eigentliche Funktion der Frauenquote sehr treffend beschreibt:
“Wer darauf angewiesen ist, dass sich andere Leute um die eigenen Anliegen kümmern, ist in einer schwachen Position. Wirksamer ist es, selbst auf dem Stuhl zu sitzen und zu gestalten. Dieser Stuhl nennt sich Chefsessel und ist leider immer noch schwer erreichbar für viele Frauen, Alleinerziehende und Teilzeitkräfte.
Option eins: hoffen, dass sich die Strukturen ändern – irgendwann könnte es ja (zufällig) so weit sein.
Option zwei: mit einer Quote dafür sorgen, dass jeder eine Chance auf den Chefsessel hat – und dann dabei zusehen, wie der Strukturwandel seinen Lauf nimmt.
Nichts anderes steht hinter der Frauenquote: Die Politik greift ein, damit sich die realen Verhältnisse schneller ändern. Herrscht in den Chefetagen erst einmal Vielfalt, profitiert auch die Unternehmenskultur und zwar so lange, bis es die Quote nicht mehr braucht.”
Zurück zum Schreibtisch von Simone. Fühlt sie sich nun zu unrecht bevorzugt? Ich glaube kaum, dass sie diesem Szenario auch nur einen Gedanken widmet. Männer haben sich vor der Frauenquote diese Frage ja auch nicht gestellt, oder? Wie so viele andere Frauen da draußen, ist sich Simone ihrer Qualifikationen bewusst und kann sich stolz ihren neuen Aufgaben widmen. Sich dabei für die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz einzusetzen, wird eine davon sein.
Hinter dem Begriff Gleichberechtigung in der Arbeitswelt steckt wesentlich mehr als das Zusprechen gleicher Rechte für jedermann, wie zum Beispiel durch die Frauenquote. Sie ist lediglich Basis und ebnet den Weg eines viel höher gesteckten Zieles, der Selbstverwirklichung. Jeder Mensch, frei von Gender, Sexualität und Herkunft sollte die Möglichkeiten haben seine Stärken und Interessen zu verfolgen und diese auch in der Arbeit gewinnbringend einzusetzen. Vermeintlich männliche Berufe werden schon lange nicht mehr nur von Männern besetzt. Von diesem Rollenbild sollten wir uns so langsam verabschieden. Daher möchten wir auf die bestehende Ungleichheit von Frau und Mann in der Arbeitswelt aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen.