Frauen und Tabufragen im Vorstellungsgespräch
Über Frauen und eine Anleitung, wie man aus dem Bewerbungsprozess ausscheidet
Unangenehme Fragen im Vorstellungsgespräch – es gibt sie noch immer. Nicht selten werden dabei besonders persönliche oder intime Fragen an Frauen gestellt. Wo die Grenzen liegen, was Bewerberinnen und Recruiter wissen sollten und was letztlich absolute Tabufragen im Vorstellungsgespräch sind!
Verheiratet? Schon schwanger oder noch dabei?
Eigentlich dürfte man meinen das die Themen Familienplanung, Schwangerschaft und Partnerschaft In Vorstellungsgesprächen tabu sind. Trotzdem finden sich diesbezüglich immer noch genau solche Fragen und deren Verwendung in Bewerbungsprozessen wieder. Nicht zuletzt, rein biologisch von der Natur begründet, widmen sich Fragen zur Schwangerschaft ausschließlich den Frauen. Zusätzlich führen gesellschaftlich veraltete Denkmuster und Rollenvorstellungen vermehrt zu unzulässigen Fragen zur Familienplanung, zur Partnerschaft oder zu immer noch männlich konnotierten Charakterzügen.
Tabufragen im Vorstellungsgespräch
.„Sind Sie schwanger?“
Ein Tabu-Klassiker! Diese Frage ist nicht nur unzulässig, sondern generell verpönt. Arbeitgeber könnten das bestehende Risiko vermuten, dass eine Frau nur kurze Zeit eine Stelle besetzt und den Anforderungen anschließend aufgrund der Doppelbelastung nicht gerecht wird.
Diese Frage ist laut AGG unzulässig, weil...
Da der Gesetzgeber eine Diskriminierung aufgrund von Schwangerschaft, Mutterschaft, Familienstand oder Kindern bzw. Familienplanung verbietet, ist diese Frage im Bewerbungsprozess nicht erlaubt.
Es gibt jedoch eine Ausnahme, in der die Frage zulässig wird und nicht als diskriminierend gilt! Nämlich dann, wenn die Ausübung der Stelle Tätigkeiten erfordert, die als Schwangere nicht gefahrlos oder effizient ausgeführt werden können (schwere Lasten heben oder generell schwere körperliche Arbeit). In diesem Fall muss die Schwangerschaft beim Bewerbungsgespräch tatsächlich erwähnt werden. Dies gilt auch für alle Bereiche, die für ein ungeborenes Baby schädlich sein können. Der Schutz des ungeborenen Babys und der werdenden Mutter stehen an oberster Stelle, von einer Diskriminierung kann man in diesem Fall absehen.
„Wie vereinen Sie Ihren Vollzeitjob mit Ihren Kindern?“
Auch hier liegt die Vermutung nah, dass Arbeitgeber ein Risiko sehen, dass die Bewerberin einer „Doppelbelastung“ nicht gerecht werden könnte, dass jedoch ein Partner in dieser Situation die Erziehung mit übernehmen könnte, wird hierbei oft nicht thematisiert.
Diese Frage ist laut AGG unzulässig, weil...
Auch hier schützt der Gesetzgeber, indem Fragen zu Kindern im Bewerbungsprozess unzulässig sind.
“Sind Sie taffer als ein Mann?“
Diese Frage hat eine Teilnehmerin unserer Searchtalent-Umfrage gestellt bekommen. Doch handelt es sich hierbei wirklich um eine Tabufrage im Vorstellungsgespräch? Kritisch gesehen ist diese Frage gleich doppelt belastet.
Zum einen sind Fragen zum Charakter grundsätzlich zulässig, allerdings nicht wenn ein sexistischer Vergleich gezogen wird. Geschlechtsspezifische Diskriminierung verbietet das AGG bereits im ersten Grundsatz, weswegen auf diese Frage nicht geantwortet werden muss oder die Unwahrheit gesagt werden darf.
Eine Gefahr, auf die man hier trifft: die einstellenden Personalverantwortlichen können zum Nachteil der Frauen reagieren:
Wenn Frauen entweder a) sehr zurückhaltend oder aber b) sehr selbstbewusst auftreten, könnte es in beiden Fällen zu ihrem Nachteil ausgelegt, während beide Extreme bei Männern eher toleriert oder sogar geschätzt, werden. Frauen könnten als schwierig oder gar zickig gelten, ein Mann hingegen als „taff“ bzw. durchsetzungsstark (gesellschaftliche Rollenbilder / Gläserne Decke).
Die Gesetzeslage ist in allen Fällen eindeutig und schützt die Bewerberin bzw. Arbeitnehmerin. Doch unabhängig der eindeutigen Gesetzeslage:
Wie könnte nun in der Praxis eine angemessene Reaktion aussehen?
Es gibt unterschiedliche, mögliche Reaktionen auf Tabufragen im Vorstellungsgespräch:
a) sachlich
b) humorvoll
c) ehrlich
d) unehrlich
…um die Liste an möglichen, soliden und korrekten Reaktionen weiterzuführen.
Doch halt? Nehmen wir mal unter die Lupe, ob eine Argumentation wirklich vorher zurecht gelegt werden muss? Nicht nur Du musst Dich hier beweisen und von Deiner besten Seite zeigen – Dein Gegenüber als Arbeitgeber genauso.
Fragen, wie die oben genannten, geben einen aussagekräftigen Eindruck in die Denkweise der personalverantwortlichen Person und sind somit auch Indikator für die Unternehmenskultur. An dieser Stelle sollte man innehalten und sich nachdrücklich fragen:
Möchte ich für diesen Arbeitgeber tätig sein?
Egal ob man die Wahrheit sagt, schlagfertig reagiert, humorvoll antwortet oder lügt: das (Selbst)Bewusstsein, dass man durch die eigene Reaktion bei einem guten Arbeitgeber nicht aus dem Prozess ausscheidet, gilt es zu verinnerlichen. Entscheidet man sich trotz solcher Fragen für den Arbeitgeber tätig zu sein, ergreift man gleichzeitig die Chance, diese Denkweise und die Unternehmenskultur aktiv zu ändern.
#WeKnowYourPower
Quellen: antidiskriminierungsstelle.de, hensche.de
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